Schaufensterpuppen – moderne Götterstatuen, die uns eisern und beharrlich aufzeigen, was es heißt, zu schweigen
Zeus, Adonis, Alexander der Große, Aphrodite, Nike. Marmorskulpturen von Göttern und großen Menschen hatten ihren Platz auf dieser Welt lange bevor es Schaufensterpuppen gab. Absurderweise sind jene Größen jedoch zu modernen, dem Zeitgeist entsprechenden Abkömmlingen und Abklatsch von einer einst majestätischen Figur geworden. Früher wie heute jedoch vermitteln beide Formen den Betrachtern das Gefühl, nicht dem Ideal zu entsprechen, nicht gut, schön oder wichtig genug zu sein. Allerdings personifizierten die antiken Statuen das Streben nach Höherem, Reinerem und nach Göttlichkeit. Schaufensterpuppen, nun ja, erinnern einen vielleicht maximal daran, dass der wahre Gott unserer Zeit der Mammon ist.
Schaufensterpuppen sind lebensgroße, aber nur menschenähnliche Gestalten, deren einziger Zweck und Erfüllung darin besteht, in einem Schaufenster Kunden anzulocken und sie durch ihre leere, kahle Erscheinung zum Geld ausgeben zu bringen. Sie verkaufen die Hoffnung von Schönheit und Glück, welches man vermeintlich erlangt, wenn man sich nur in den Laden begibt, um Fummel XY zu kaufen. Ironischerweise sind Schaufensterpuppen gleichzeitig das Produkt des absoluten Konsum- und Marketingwahnsinns – also des Kapitalismus – stehen jedoch nach dem Prinzip »wir sind gleicher« in jedem Schaufenster. Es ist egal, ob sie ein 5000 € Chanel Teilchen oder ein 9,99 € Deal vom Billigladen um die Ecke schmückt.
Schaufensterpuppen by DENKSTAHL
Digital Art – Unikat, 170×135 cm
Konzipiert sind die Mannequins, um den neuesten Modetrend und das passende Produkt anzupreisen und somit nicht nur ein verzerrtes Bild von Stil, sondern ebenso von dem Ideal eines menschlichen Körpers zu verkaufen – mit der Hoffnung, dass ein kleines Stück des ach so fernen und unerreichbaren Glückes mit dem Scannen des Klamottenetiketts an der Kasse ebenso in die Einkaufstasche wandert, wie den unbrauchbaren Fummel, der, sind wir doch mal ehrlich, an einem selbst niemals so aussieht, wie an dem Menschenimitat im Schaufenster.
Tag und Nacht, egal an welchem Ort, stehen Paraden an Schaufensterarmeen hinter riesigen Glasfronten und wachen über die Stadt. Sie sehen alles, was vor sich geht. Obdachlose, die Zuflucht und Schutz vor Kälte und ihren abgebrannten Träumen suchen und um besagte Glasfassaden herumschleichen; Ratten die sich am Rest des achtlos auf den Boden geworfenen Big Macs bedienen und die Gesichter der Frauen, die realisieren, dass sie niemals so aussehen werden, wie unsere stillen Beobachter – wenigstens sind ihre Gesichter genau so leer wie die von Schaufensterpuppen.
Ihr androgyner und steriler Versuch, Menschen zu zeigen, was sie wollen und was sie brauchen, ist grotesk, funktioniert aber hervorragend. Sie sind ein Beispiel dafür, dass wir Idole und Ikonen anbeten, die nicht nur selbst seelenlos sind, sondern uns unsere eigene Seele rauben.
Wir sind Schau-Fensterpuppen.
Die Menschen in ihrer Maskerade
auf der Promenade,
wie sie flanieren, ohne sich zu genieren,
wie sie scheinen, die Großen und die Kleinen,
voller falschem Stolz und mit Verachtung,
doch bei genauer Betrachtung sich entpuppen,
waren alle dann, doch nur Schau-Fensterpuppen.
by DENKSTAHL
Jene, die den Schaufensterpuppen am nächsten kommen, sind Models, die auf ihre eigene Art und Weise das Spannungsfeld von Schönheit und gesellschaftlichen Idealvorstellungen in sich vereinen. Grace Jones sagte über sie: »Models are there to look like Mannequins, not like real people. Art and illusion are supposed to be fantasy.« (Models sind dafür da, so auszusehen wie Schaufensterpuppen, nicht wie echte Menschen. Kunst und Illusion sollte Fantasie sein.)
Diese Gedankenabrisse sind keinesfalls eine aktivistische Stellungnahme über die leere Fassade und Abartigkeit der Modeindustrie, sondern sollen vielmehr den Gedankengang entlocken, den DENKSTAHL in seinem Gedicht über Schaufensterpuppen aufdringlich subtil provoziert: Wenn wir nicht aufpassen, werden wir alle eines Tages Schaufensterpuppen sein. Leere und kahle Figuren ohne Identität und Individualität, die mit aufgemalten Fratzen und Maskeraden mit Accessoires und Rüschen versuchen darüber hinwegzutäuschen, dass nichts, aber rein gar nichts, die fehlende innere Schönheit und Tiefe ersetzen kann. Menschliche Aushängeschilder, die, wenn die neue Saison kommt, neu verkleidet werden und schließlich, wenn sie alt und eingestaubt sind, auf einer Müllhalde landen, auf dem der Traum von einem schönen Leben begraben liegt.
Das Potenzial zu innerer Schönheit, Individualität und Tiefe wohnt jedoch jedem Menschen inne. Wie aber können wir schön leben und uns von der anonymen Masse abheben, ohne in die leere Falle des Konsums zu tappen?
Ich bin der Puppenspieler,
das Leben meine Bühne,
die Sühne ist mein Stück,
ich beglück die Welt
mit Phantasien und Träumereien,
ich befrei, ich bin der Schrei –
hinter der Fassade,
ich spiele die Ballade,
des Königs Marionettenwerk,
ich vermerk und verweise,
ganz leise, wie von Geisterhand,
halt ich die Fäden in der Hand,
gewandt und voller Leidenschaft,
bin ich der Meister meiner Kunst,
die Gunst, die Welt der Illusion,
und schon geht der Vorhang auf,
nimmt das Schicksal seinen Lauf,
mein Wille, meine Hände,
bis zum Welten – Ende.
by DENKSTAHL
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Der Unikatdruck ist ein Einzelstück; ein Hochglanzdruck mit pigmentierter Tinte auf hochwertigem Fotopapier, kaschiert hinter Acrylglas und verstärkt durch eine Rückwand aus Aluminium. Jedes Unikat wird mit einem Künstler-Stempel versehen. Zu dem Kunstwerk erhältst Du ein vom Künstler signiertes Echtheitszertifikat und das Dir gewidmete biografische Kunstbuch DENKSTAHL. art of a rebellious mind.
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